30.10.2020 | Roman Vallendor/ Paul Singler

30 Jahre Wiedervereinigung

Ein Plädoyer für Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Menschenwürde und Freiheit hielt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble am Freitag in der Erwin-Braun-Halle anlässlich des Festakts “30 Jahre Wiedervereinigung” der CDU-Oberkirch.
Der “Architekt der Wiedervereinigung” mahnte vor 90 Festgästen, sich entschieden für die freiheitliche Demokratie einzusetzen. “30 Jahre Wiedervereining sind gelungen”, konstatierte Schäuble, wenngleich es zwischen den Deutschen aus Ost und West anfangs noch große Unterschiede gegeben habe. Für den Zeitzeugen Schäuble kam es einem Wunder gleich, dass die Wiedervereinigung ohne Blutvergießen vonstatten ging. Mit Mut, Disziplin und Kreativität habe die DDR-Bürgerbewegung 1988/89 gewaltlos in dem Bewußtsein “Wir sind das Volk” den Fall der Mauer erreicht. Später wurde daraus: “Wir sind ein Volk”.
 
Obwohl die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag immer am Anspruch der Selbstbestimmung und am Ziel der einen deutschen Staatsangehörigkeit festgehalten habe, habe man nicht mit einem so schnellen Fall der innerdeutschen Grenzmauer gerechnet. Einen Grund sah Schäuble darin, dass die Sowjetunion im Kräftespiel der Weltmächte den „kalten Krieg“ verloren habe. Zum anderen habe man im Westen befürchtet, dass es bei deutlichen Veränderungen des damaligen Status quo Krieg geben könnte. Negative Beispiele in der jüngeren Geschichte dafür waren die blutige Niederschlagung des Aufstands in Ungarn (1956) und die des “Prager Frühlings” (1980).
 
Im persönlichen Rückblick bezeichnete Schäuble den 9. November 1989 als “den schönsten Tag in der deutschen Geschichte”. Ausschlaggebend für die Zustimmung der Staaten Europas sei die Einsicht gewesen, dass ein vereintes Deutschland ein noch verlässlicherer Partner wäre. Die entscheidende Schlussfolgerung für die deutsche Politik: “Je besser die europäische Einigung gelingt, desto besser für uns Deutsche”. Das bedeute auch, dass die Deutschen mehr Mitverantwortung für Europa übernehmen mussten und müssen.
 
In seinem Grußwort sprach Oberbürgermeister Matthias Braun von der “Kraft der Freiheit”, die letztlich die Mauer zum Einsturz gebracht habe. Diese sei »von innen nach außen« und nicht umgekehrt umgestoßen worden. Die Mauerreste vor dem Oberkircher Rathaus seien eine Botschaft der Hoffnung, was eine friedliche Revolution bewirken könne. Sie erinnerten an das »Wunder des Mauerfalls« und an »den größten kollektiven Glücksmoment in der Geschichte des deutschen Volkes«. Braun zitierte Schäuble, der in bescheidenen Worten gesagt habe, dass er in dieser Zeit und davor „ein bisschen an der deutschen Einheit bauen durfte und dass er noch ein bisschen weiter bauen möchte”. Nach 30 Jahren Deutscher Einheit sei es an der Zeit, einerseits auf die Erfolge des beispiellosen Zusammenwachsens, andererseits auch auf Unterschiede und inneren Zweifel, die noch bestehen, zurückzublicken, meinte Braun.
 
Der CDU-Landtagsabgeordnete Willi Stächele hieß eingangs die Gäste willkommen und bedankte sich bei Wolfgang Schäuble, dass dieser sich wieder als Abgeordneter zur Wahl in den Bundestag zur Verfügung gestellt habe.
 
CDU-Stadtverbandsvorsitzender Johannes Rothenberger zitierte in seinem Schlusswort aus einem Schreiben des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker an den »«Bundesminister des Inneren, Wolfgang Schäuble«, dass dieser für den 3. Oktober die Vorbereitungen für einen Staatsakt in Berlin treffen möge.