„Viertklässler fallen zurück“ (Schlagzeile ARZ vom 15.5.2021)

Eine Schlagzeile der ARZ vom Samstag den 15. Mai lässt aufhorchen:

17.05.2021 | Paul Singler

In dem Beitrag wird verwiesen auf eine Studie des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW vom 1.3.2021, in der die Bedeutung der Verbindlichkeit einer Grundschulempfehlung für den Übergang zu einer weiterführenden Schule nach der vierten Klasse untersucht wurde.
Die Verfasser geben an, die Studie zeige, dass sich die Verbindlichkeit der Schulform-Empfehlung bereits auf die schulischen Leistungen und auf das subjektive Wohlbefinden der Grundschüler/innen der vierten Klasse auswirkt.

„Wenn Grundschulempfehlungen unverbindlich sind; verbessern sich die gemessenen schulischen Kompetenzen in der vierten Klasse.“
Gleichzeitig würde jedoch die Lernfreude abnehmen, Noten und Zukunftsängste zunehmen.
In den beigefügten Handlungsempfehlungen heißt es:
„Ob die Grundschulempfehlung verbindlich sein sollte, ist also eng verbunden mit der Frage, ob man im Tausch für bessere Kompetenzen bereit ist, Grundschüler/innen einem erhöhten Leistungsdruck und

den damit verbunden Konsequenzen auszusetzen.“
Gleichzeitig wird festgehalten:
„Die Beantwortung der Frage, ob die Grundempfehlung verbindlich sein soll, liegt im Ermessen von Eltern und Politik. Unter anderem hängt, wie die vorliegende Studie nahelegt, die Antwort davon ab, welches Gewicht man dem gegenwärtigen Wohlergehen und dem für das zukünftige Wohlergehen relevanten Kompetenzerwerb jeweils beimisst.“

 Im Wahlprogramm der CDU heißt es dazu:
Beim Übergang von Grundschule auf eine weiterführende Schule wird jedem Kind die Schulart empfohlen, an der es bestmöglich gefördert werden kann. Sie soll seiner Entwicklung und seinem Bildungsstand entsprechen. Jedes Kind soll weder über- noch unterfordert werden. Von Anfang an werden die Eltern regelmäßig an der Grundschule beraten. Dafür ist die kontinuierliche Beobachtung des Kindes, seiner Entwicklung und seiner Arbeitsweise Grundlage. Wir haben dafür gesorgt, dass die darauf basierende Grundschulempfehlung den weiterführenden Schulen wieder vorgelegt wird, damit sie sich auf den Entwicklungs- und Leistungsstand der Kinder einstellen können. Wir führen eine verbindliche Grundschulempfehlung ein. Darüber hinaus wird die Entscheidung über den weiteren Schulweg durch Beratungsverfahren und qualifizierte Beratungslehrkräfte unterstützt.

 Der neue Koalitionsvertrag will an der bisherigen Regelung festhalten: Die erste (grün-rote) Regierung Kretschmann 2011 hatte die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung abgeschafft. Im neuen Koalitionsvertrag heißt es:
„Die Verhandlungspartner streben an, die pädagogische Freiheit an den Schulen unter Qualitätsstandards zu stärken – zum Beispiel, indem Grundschulen ohne Ziffernnoten an einzelnen Schulen ermöglicht werden.“

Man darf bezweifeln, ob auf der Basis einer „ziffernnotenfreien“ Grundschule solide Grundschulempfehlungen überhaupt noch möglich sein werden.
In einem weiteren Beitrag der ARZ „Sonderrolle nicht leicht auszuhalten“ räumt Rektor Werner Franz ein, dass der Wegfall der Grundschulempfehlung schwierig für alle Beteiligten gewesen sei, allerdings könne man inzwischen gut mit der Situation umgehen.
Ebenfalls nach ARZ macht inzwischen der zweite Jahrgang am HFG Abitur, bei dem die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung bereits abgeschafft war: „90 Fünftklässlern von einst stehen nur 64 angehende Abiturienten gegenüber.“ Demnach sei die Erfolgsquote mit 71,1 Prozent die niedrigste in den vergangenen sechs Jahren.

Jeder möge seine Schlussfolgerungen aus dem Dargestellten ziehen!